Waldmeistersirup
Wenn ich einen typischen Geschmack meiner Kindheit nennen müßte, dann wäre es Waldmeister: ich habe das Gefühl, in den Achtzigern gab es viel mehr Waldmeistergeschmack! Waldmeister-Wassereis, Waldmeisterbrause, Waldmeister-Wackelpudding: ich habe es geliebt! Und ich habe lange Jahre geglaubt, daß dieser intensive Waldmeistergeschmack ja sowieso nur aus der Chemiefabrik stamme: je natürlicher meine Ernährung wurde, desto weniger Waldmeistergeschmack gab es in meinem Leben. Was für ein Jammer!
Dabei weiß ich ja ganz genau, daß der echte Waldmeister keineswegs aus der Chemiefabrik stammt, sondern in unseren Wäldern wächst! Schon als Kind hat mir mein Papa beigebracht, während Maiwanderungen immer ein Sträußchen Waldmeister zu pflücken und in den nächsten Stunden einem wahren Wunder beizuwohnen: denn frisch gepflückt, kann man den typischen Geruch kaum ahnen. Doch je länger der Waldmeister vor sich hinwelkt, desto intensiver wird sein Duft! Wie ich dieses welke Sträußchen in meiner Hand geliebt habe! Zuhause wurde der welke Waldmeister dann dazu verwendet, die Maibowle zu aromatisieren: aber davon hatten wir Kinder ja nichts, denn die bestand vor allem aus Weißwein, wenn ich mich recht erinnere.
Ich hatte also lange keine Idee, wie ich den wunderbaren Waldmeisterduft auch für mich und meine Kinder konservieren könne, bis ich über dieses fabelhafte Rezept für Waldmeistersirup gestolpert bin. Letztes Jahr haben wir es erstmals getestet und dieses Jahr stehen wir quasi schon in den Startlöchern, um NOCH MEHR davon zu machen: denn dieser Waldmeistersirup ist einfach perfekt! Er schmeckt intensiv nach Waldmeister, aber durch die Zitrone auch erfrischend säuerlich. Wenn Ihr Waldmeistergeschmack genau so liebt wie ich, müßt Ihr ihn einfach ausprobieren! Wie immer ist die Menge der Zutaten eine Großfamilienmenge: wenn Ihr den Sirup einfach mal ausprobieren möchtet, könnt Ihr die Zutaten halbieren, das ergibt in etwa 2 Liter fertigen Sirup.
Zutaten
- 1 richtig großer Bund Waldmeister, vor der Blüte gepflückt
- 4 unbehandelte, gewaschene Zitronen
- 4 Liter Wasser
- 180 g Zitronensäure
- 4 kg Rohrohrzucker
Bitte immer biologisch angebaute Zutaten verwenden – es macht so einen großen Unterschied: im Geschmack und für unsere Erde!
Zubereitung
Der Waldmeister wird frisch im Wald gepflückt: wir pflücken nur die noch nicht aufgeblühten Waldmeisterstängel, da diese noch mehr Aroma entfalten.
Dieser große Bund Waldmeister wird nun zur Seite gelegt, damit er welken kann. Wer mag, kann ihn natürlich vor der Verarbeitung waschen und trockenschleudern, wir machen das nur, wenn sehr viel Blütenstaub daran klebt (schauen aber auf jeden Fall jeden Stängel gut an, ob er sichtbare Verunreinigungen oder kleine Tierchen an sich trägt!). In der Zwischenzeit erhitzt man vier Liter Wasser in einem großen Topf: hat es gekocht, nimmt man den Topf von der Platte und gibt den Zucker und die Zitronensäure hinein. Damit sich alles gut auflöst, darf immer mal wieder umgerührt werden. Während diese Flüssigkeit etwas abkühlt, können die Zitronen verarbeitet werden:
Sie werden erst aufgeschnitten und dann ausgepresst. Der Saft wird vorläufig zur Seite gestellt und die ausgepressten Schalen schneide ich in kleine Stücke, damit möglichst viele der sich in der Schale befindenden ätherischen Öle austreten können.
Als Ansatzgläser nehme ich die großen Gurkengläser aus dem Bioladen, die ich richtig heiß gespült habe: pro Kilogramm Zucker wird ein großes Gurkenglas benötigt. Wenn Ihr größere Ansatzgefäße habt, könnt Ihr natürlich auch alles in einem Gefäß ansetzen. Der angewelkte Waldmeister wird nun gleichmäßig auf die vorhandenen Ansatzgefäße verteilt, darauf kommen, ebenso gleichmäßig, die Zitronenstücke.
Haben der Zucker und die Zitronensäure sich in dem Wasser aufgelöst, verteilt man auch dieses gleichmäßig auf die Ansatzgefäße.
Ist nicht allein der Anblick schon zauberhaft?
Hat man die Flüssigkeit möglichst gleichmäßig eingefüllt und ist sie nicht mehr allzu heiß, kommt als letztes der frische Zitronensaft hinzu: ebenfalls einigermaßen gleichmäßig auf die Ansatzgefäße verteilt. Dann werden die Ansatzgefäße gut mit luftdichten Deckeln verschlossen und kommen an einen dunklen, kühlen Ort: bei uns ist das der Keller.
Dort darf der Waldmeisteransatz mindestens drei Tage durchziehen. Während der Wartezeit trösten wir uns mit den filigranen Waldmeisterblüten auf unserem Tisch: ist das nicht eine wahnsinnig schöne Pflanze?
Nach der Ziehzeit wird der Waldmeisteransatz durch ein sauberes Mulltuch in einen großen Topf abgegossen.
Aus den abgegossenen Resten könnt Ihr sofort eine tolle Waldmeisterbowle zaubern! Einfach den Waldmeister und die Zitronenstücke in ein großes Gefäß geben und mit saurem Sprudel (kohlensäurehaltiges Mineralwasser!) aufgießen: ein Traum! Der abgegossene Sirup wird nochmals kurz erhitzt (auf keinen Fall zum Kochen bringen! Er sollte aus Haltbarkeitsgründen nur heiß abgefüllt werden!) und in saubere Flaschen gefüllt. Ist das nicht auch ein zauberhaftes Geschenk?
Wenn Ihr ihn ein wenig höher dosiert und nur mit Leitungswasser aufgießt, könnt Ihr daraus auch ein wunderbares Waldmeistereis zaubern.
Doch wir trinken den Waldmeistersirup am allerliebsten mit Eiswürfeln und Mineralwasser aufgegossen!
Ich bin gespannt, wie unser Waldmeistersirup Euch schmeckt! Vielleicht habt Ihr auch Euren neuen Sirup-Favoriten gefunden?
Liebe Uta,
ich frage mich wieso im Rezept steht das man 2 statt in der Zutatenliste angegebenen menge steht?
Oh, da hast Du absolut Recht: danke für den Hinweis, ich werde es sofort ändern! Da war ich in Gedanken wohl noch beim letzten Absatz, in dem ich empfohlen hatte, zum Ausprobieren doch erst einmal zwei Liter Sirup anzusetzen!
Vielen Dank!
Wir haben noch eine letzte Flasche von letzten Jahr. Das ist purer Frühling im Glas. 💕
Liebe Uta!
Danke für dieses neue Sirup-Rezept. Tatsächlich erinnere ich mich daran, dass mein Bruder alles mit Waldmeistergeschmack als Kind geliebt hat. Diesen Sirup würde ich gern testen- nur bin ich unsicher, ob ich beim nächsten Waldspaziergang das richtige Pflänzchen pflücken würde 😅. Ich bin schon stolz auf mich, dass ich dieses Jahr fleißig Bärlverarbeitet habe- den habe ich am Knoblauchduft und der Blattform sicher erkannt.
Alles Liebe!
Liebe Anschi!
Da mußt Du gar keine Angst vor Verwechslung haben: denn nur der echte Waldmeister verströmt nach dem Welken diesen einzigartigen Duft!
Viel Freude beim Sammeln und Zubereiten wünscht Dir Uta